So kann man doch nicht sprechen!
Vielleicht kennst du das: Du warst am GKF-Seminar und möchtest die Prinzipien der Gewaltfreien Kommunikation anwenden. Nach Lehrbuch würdest du sagen:
"Wenn ich sehe, dass die Kaffeetassen in der Spüle liegen, bin ich genervt, weil mir Ordnung wichtig ist. Könntest du jetzt die Tassen in den Geschirrspüler räumen?"
Der Satz ist „korrekt“ nach GFK, klingt aber unnatürlich und fremd. Viele Menschen schreckt diese formelle Sprache ab, weil sie nicht zum Alltag oder zum Gegenüber passt.
Sprich nicht nur giraffisch. Werde zur Giraffe!
Marshall Rosenberg betonte, dass es nicht um starre Sprachregeln geht, sondern um die innere Haltung der GFK: Offenheit, Empathie und Wertschätzung. Es reicht nicht, „Giraffensprache“ zu sprechen – es geht darum, die GFK-Prinzipien zu leben.
Die Frage ist also: Wie kann ich GFK im Alltag anwenden, ohne gekünstelt zu klingen?
Der Weg zur Alltags-GFK
Die Werte der GFK sind universell, die formale Sprache jedoch nicht. Sie muss zur Situation und zur Person passen. Eine persönliche, alltagstaugliche Sprache hilft, authentisch zu bleiben und trotzdem in Verbindung zu sein.
5 Tipps für eine natürliche GFK-Sprache
Sprich so, wie du wirklich bist:
Anstatt zu sagen: „Ich fühle mich frustriert, weil mir Ordnung wichtig ist.“
Probiere: „Es nervt mich gerade ein bisschen, weil mir Ordnung wichtig ist.“
Passe deine Worte an den Kontext an:
Bei Kolleg:innen im Büro wählst du vielleicht andere Formulierungen als zu Hause oder unter Freund:innen.
Nutze einfache, klare Sätze:
Statt: „Ich fühle Enttäuschung, weil mein Bedürfnis nach Klarheit nicht erfüllt ist.“
Sag: „Ich bin enttäuscht, weil ich das anders verstanden hatte.“
Bleib authentisch, auch wenn du Fehler machst:
Es ist wichtiger, deine Absicht zu zeigen, als „perfekt“ zu sprechen. „Das klang jetzt vielleicht etwas hölzern, aber mir geht’s darum, dass …“
Höre mehr zu:
Manchmal hilft es mehr, empathisch zu zuhören, als selbst die „richtigen Worte“ zu finden.
Die Macht der Haltung
Sprache ist ein Ausdruck unserer inneren Haltung. Wenn du deine Worte bewusst wählst, kannst du Vertrauen schaffen und Verbindung fördern. Doch die Haltung der GFK ist stärker als jedes Wort. Sie zeigt sich in deiner Absicht, deinem Zuhören und deinem Respekt für dich selbst und das Gegenüber.
💡 Tipp: Stelle dir vor, wie du die Situation beschreiben würdest, wenn du ganz du selbst bist – und nimm die Haltung der GFK mit hinein.
Übung: Alltagstaugliche GFK entwickeln
Wenn du merkst, dass dir die Worte fehlen oder sie künstlich klingen, probiere diese Übung aus:
Vorbereitung:
Überlege dir ein schwieriges Gespräch. Was möchtest du sagen? Was fühlst du? Was brauchst du?
Schreibe es „klassisch“ nach GFK auf.
Anpassen:
Lies den Satz laut vor und frage dich: „Klinge ich noch wie ich selbst?“
Formuliere um, bis es natürlich klingt, aber deine GFK-Haltung bewahrt bleibt.
Reflexion nach dem Gespräch:
Was hat funktioniert? Wo möchtest du nächstes Mal anders sprechen?
💡 Tipp: Übe in alltäglichen Situationen – je öfter du GFK in deine eigene Sprache übersetzt, desto leichter wird es dir fallen.
Viel Erfolg beim Ausprobieren!
Zum Weiterlesen:
Lisa Montana hat dazu einen anschaulichen Artikel geschrieben, in welchem sie sich fragt, ob sie die Prinzipien der GFK anwenden und dennoch alltägliche Ausdrücke verwenden kann, die den Umständen und der Person, mit der sie spricht, gerecht werden.
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