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Vom Druck zur Leichtigkeit: Erwartungen verstehen und übersetzen

Aktualisiert: 7. Jan.

Erwartungen sind ständige Begleiter in unserem Alltag – ob in Beziehungen, am Arbeitsplatz oder in der Familie. Sie können uns motivieren und Orientierung geben, aber auch Druck und Konflikte auslösen. Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) bietet eine wertvolle Perspektive und praktische Werkzeuge, um mit Erwartungen konstruktiv umzugehen und sie in Verbindung statt Belastung zu verwandeln.

Ein Kartonschachtelberg, darunter schauen zwei Beine einer liegenden Person hervor


Warum Erwartungen stressen können


Erwartungen entstehen aus unseren Bedürfnissen und Erfahrungen. Wenn sie unausgesprochen bleiben oder unerfüllt werden, können sie zu Stress, Missverständnissen und Konflikten führen. Marshall Rosenberg, Begründer der GFK, sagte dazu:


"Wenn jemand eine Forderung von uns hört, dann sieht er oder sie zwei Möglichkeiten: Unterwerfung oder Rebellion."

Im Kern basieren Erwartungen auf Bedürfnisse. Der erste Schritt in der GFK besteht darin, diese zu identifizieren und in den Fokus zu rücken – bei uns selbst und bei anderen.



Mit Erwartungen an sich selbst umgehen

Unsere eigenen Ansprüche können eine der grössten Stressquellen sein. Häufig sind sie von Glaubenssätzen geprägt wie „Ich muss perfekt sein“ oder „Ich darf niemanden enttäuschen“. Marshall Rosenberg sagte dazu:


„Die meisten von uns sind mit einer Sprache aufgewachsen, die uns ermutigt, zu benennen, zu vergleichen, zu fordern und Urteile zu fällen, anstatt uns bewusst zu sein, was wir fühlen und brauchen.“

Beispiel: Selbstfürsorge im Familienleben

Clara, eine berufstätige Mutter, setzt sich unter Druck, alles perfekt zu meistern: den Haushalt, den Job und die Zeit mit der Familie. Abends ist sie oft erschöpft und hört eine innere Stimme: „Andere schaffen das doch auch, warum ich nicht?“


💡 GFK-Selbstreflexion für Clara:


  1. Selbstempathie üben

    Durchatmen. Wie geht es mir gerade? Was brauche ich? Was ist mir möglich und was nicht?

    „Ich fühle mich erschöpft und brauche Unterstützung und Leichtigkeit.“


  2. Kritik in Mitgefühl umwandeln:

    „Es ist okay, dass ich nicht alles schaffe. Ich gebe mein Bestes.“


  3. Realistische Bitten an mich selbst formulieren:

    „Ich erlaube mir, heute nur das Nötigste zu tun und Pausen einzulegen. Was konkret tue und lasse ich heute?“


💡 Tipp: Behandle dich selbst wie einen guten Freund. Was würdest du sagen, wenn eine Freundin überfordert ist?

Eine Person liegt inmitten des Schachtelbergs, ihr Gesicht ist entspannt und wird von der Sonne beschienen, die Augen sind geschlossen


Mit den Erwartungen anderer umgehen

Oft erleben wir Erwartungen anderer als Druck, weil sie wie Forderungen wirken. Die GFK lädt uns ein, innezuhalten und die Bedürfnisse hinter den Erwartungen zu erkunden.


Beispiel: Berufliche Herausforderung

Jonas’ Chef erwartet Überstunden für ein dringendes Projekt. Jonas hat jedoch diese Woche Zeit mit seiner Familie eingeplant.


💡 GFK-Dialog:


Jonas: „Ich höre, dass es Ihnen wichtig ist, das Projekt rechtzeitig abzuschliessen. Mir selbst ist es wichtig, meine Familie nicht zu enttäuschen und die geplante gemeinsame Zeit einzuhalten. Können wir überlegen, wie wir das Projekt voranbringen können, ohne dass ich diese Woche Überstunden mache?“


Chef: „Ich verstehe, dass Ihnen Ihre Familie wichtig ist. Es ist aber auch entscheidend, dass wir den Termin einhalten. Könnten Sie vielleicht morgen früher anfangen oder flexibel schauen, wie wir die kritischsten Aufgaben abdecken können?“


Jonas: „Ich könnte morgen etwas eher anfangen, aber nicht länger bleiben. Vielleicht könnte ich die Aufgaben priorisieren, damit die wichtigsten zuerst erledigt werden. Was meinen Sie dazu?“


Chef: „Das klingt nach einem gangbaren Weg. Lassen Sie uns die Aufgaben priorisieren und sehen, ob das ausreicht. Wenn nicht, könnten wir kurzfristig um Unterstützung bitten.“


💡 Tipp: Indem Jonas empathisch auf die Bedürfnisse seines Chefs eingeht, schafft er Raum für Verhandlungen statt Eskalation.

Eine Person sitzt im Schachtelberg, die Augen geschlossen, die Hände meditativ auf die Knie gelegt

Von Erwartungen zu Bitten

Eine zentrale GFK-Technik ist es, Erwartungen in klare Bitten zu übersetzen – konkret und umsetzbar, ohne Vorwürfe.


Beispiel: In der Paarbeziehung

Paul wünscht sich, dass seine Partnerin nach der Arbeit mehr Zeit mit ihm verbringt, statt am Handy zu hängen.


💡 GFK-Ansatz:

  • Statt: „Musst du schon wieder am Handy sein?“

  • Lieber: „Ich wünsche mir gemeinsame Quality-Time. Hast du Lust, das Handy für die nächsten zwei Stunden beiseitezulegen und mit mir zu kochen, zu essen und die Sommerferien zu besprechen?“


💡 Tipp: Ein „Nein“ zu deiner Bitte ist kein Kontaktabbruch, sondern ein „Ja“ zu einem anderen Bedürfnis.



Tipps für den Umgang mit Erwartungen


  1. Selbstklärung: Frage dich:

    • Welche Erwartung habe ich?

    • Welches Bedürfnis steckt dahinter?

    • Ist meine Erwartung realistisch?


  2. Bitten statt Fordern:

    • „Ich brauche ... und wünsche mir ...“

    • „Wärst du bereit, ...?“


  3. Empathisch zuhören:

    • „Es klingt, als wäre dir ... wichtig. Stimmt das?“

    • „Brauchst du gerade ...?“


  4. Mit „Nein“ umgehen:

    • „Ich verstehe dein Anliegen. Gleichzeitig brauche ich ...“



Grenzen setzen: Wenn Toleranz endet

Erwartungen zu erfüllen, bedeutet nicht, alles hinzunehmen. GFK zeigt, wie wir klar „Nein“ sagen können, ohne die Verbindung zu verlieren.


💡 Marshall Rosenberg:

„Manchmal ist ein Nein nötig, um ein Ja zu einem wertvollen Bedürfnis zu sagen.“

Wenn jemand Druck ausübt, können wir sagen:

  • „Ich verstehe, dass dir ... wichtig ist. Für mich ist gerade ... entscheidend.“

  • „Ich möchte/will/kann das gerade nicht leisten, weil ...“


Fazit: Erwartungen als Einladung zur Verbindung

Marshall Rosenberg betonte:

„Das Ziel der Gewaltfreien Kommunikation ist es, eine Verbindung zu schaffen, die es ermöglicht, die Bedürfnisse aller zu erfüllen.“

Wenn wir unsere eigenen Erwartungen und die anderer in Bitten übersetzen, entstehen Raum für Verständnis und Dialog. Erwartungen werden so von einer Last zu einer Chance – für mehr Klarheit, Verbindung und Leichtigkeit in Beziehungen.


💡 Reflexion:Was ist eine Erwartung, die dich belastet? Wie könntest du sie mit GFK in eine Einladung umwandeln?


Alle Fotos dieses Beitrags stammen von "Cottonbro" auf pexels.com

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