Marshall Rosenberg, der Begründer der Gewaltfreien Kommunikation, sagte sinngemäss: "Viele von uns merken nicht, dass es oft Empathie ist, was wir brauchen, um wirklich gehört und verstanden zu werden. Wenn wir ständig über vergangene Ungerechtigkeiten sprechen, verlieren wir die Verbindung zur eigentlichen Lebendigkeit unserer Gefühle und Bedürfnisse."
Rosenberg spricht von „leerlaufenden Gesprächen“, die entstehen, wenn wir Worte hören, ohne eine echte Verbindung zur sprechenden Person zu spüren. Das passiert oft, wenn jemand spricht und dabei in uns die Befürchtung eines endlosen Monologs auslöst. In solchen Momenten geht die Lebendigkeit des Gesprächs verloren, weil wir den Kontakt zu den Gefühlen, Bedürfnissen und Bitten, die hinter den Worten der sprechenden Person stehen, verlieren. Als Zuhörende fühlen wir uns dann oft als „Abladeplatz“ für die Worte des Gegenübers, während es an echtem Austausch und Energie fehlt.
Wie und wann unterbreche ich ein solches Gespräch, um wieder Leben hineinzubringen?
Wann:
Wenn ich ein Wort mehr gehört habe, als ich hören will.
Denn je länger ich zögere, umso schwieriger wird es, freundlich zu bleiben, wenn ich das Gespräch unterbreche.
Haltung:
Mein Ziel ist es nicht, selbst zu Wort zu kommen, sondern der sprechenden Person zu helfen, wieder mit der lebendigen Energie hinter ihren Worten in Kontakt zu treten.
Wie:
Durch empathisches Einfühlen in die möglichen Gefühle und Bedürfnisse des Gegenübers. Wenn beispielsweise meine Tante eine alte Geschichte erzählt, könnte ich sagen: «Ja, Tante, es klingt, als wärst du immer noch frustriert und wünschtest, du wärst damals fairer behandelt worden?»
Durch Selbstausdruck. Dabei spreche ich offen aus, dass ich mir mehr Verbindung wünsche, und bitte um Informationen, die mir helfen könnten, diese Verbindung herzustellen. Marshall Rosenberg hat das einmal auf einer Party so formuliert: «Entschuldigung, ich werde ungeduldig, weil ich mir mehr Kontakt mit euch wünsche, aber unser Gespräch führt nicht zu der Art von Kontakt, die ich mir vorstelle. Ich würde gerne wissen, ob unser Gespräch eure Bedürfnisse erfüllt, und wenn ja, um welche Bedürfnisse es sich handelt.»
Andere mögliche Formulierungen:
«Darf ich kurz unterbrechen, um sicherzustellen, dass ich dich richtig verstehe? Bist du bezüglich des Themas <Gefühl> und bräuchtest <Bedürfnis>?»
«Ich würde gerne kurz zusammenfassen, was ich bis hierher an (Gefühlen und Bedürfnissen) gehört habe, passt das?»
«Es tut mir leid, dass ich dich unterbreche, aber mir ist gerade unklar, was dieser Geschichte zugrunde liegt. Kann es sein, dass es dir dabei um <Bedürfnis XXX> geht?»
Achtung: Unterbrechungen in Gesprächen werden oft als störend empfunden, selbst wenn sie gut gemeint sind. Reagiert das Gegenüber defensiv oder beleidigt, schenke ihm Empathie.
Wie Empathie für Stille
Manchmal ist es nicht das viele Reden, sondern das Schweigen, das schwer auszuhalten ist, zum Beispiel, wenn ich mich verletzlich gezeigt habe und auf eine Reaktion warte. Auch hier empfiehlt Marshall Rosenberg, mit empathischen Rückfragen zu arbeiten.
Körpersprache beim Unterbrechen
Unsere Mimik und Gestik kann beim Unterbrechen genutzt werden. Mögliche Ansatzpunkte hier sind:
Blickkontakt: Halte sanften Blickkontakt, um dein Interesse und deine Empathie zu zeigen.
Offene Körperhaltung: Halte deine Arme entspannt und offen, um nicht defensiv oder abweisend zu wirken.
Nicken: Bestätige mit Nicken, dass du zuhörst und verstehst.
Sanfte Gesten: Benutze sanfte Handgesten, um deine Worte zu unterstreichen, aber vermeide hektische Bewegungen.
Lächeln: Ein freundliches Lächeln kann dazu beitragen, die Unterbrechung positiv zu gestalten.
Audio, englisch, Marshall Rosenberg zum Thema "unterbrechen": Klick hier
Kurzes Video, englisch, zum Thema "unterbrechen" von Cup of empathy: Klick hier
Einige Ideen, englisch, wie die Körpersprache zum unterbrechen genutzt werden kann: Klick hier
Mit diesen Tipps kannst du Gespräche gewaltfrei unterbrechen und wieder Leben in den Dialog bringen. Probiere es aus und beobachte, wie sich deine Gespräche verändern.
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